Kunstfälscher_in

Wie alles andere auch – ist das Bildermachen und Bildersehen bedingt, das heißt von anderen Dingen abhängig, nicht nur von Materialien etc, sondern auch von Herstellungsprozessen, tradierten und trainierten Seherfahrungen und damit den Menschen, die die Bildwelt prägten. Das Alltagsbewusstsein legt sich der Einfachheit halber bei der Masse der rezipierten Bilder kaum Rechenschaft über die Bedingungen der Bilder ab. Manchmal sagen Betrachter in der Ausstellung oder im Museum: „Das erinnert mich an…!“ Das war`s dann manchmal. Oft werden die Bilder auch ganz unreflektiert hingenommen.

Es ist inspierend, sich ganz bewusst mit anderen Machern und Künstlern auseinander zu setzen, seien sie historische Persönlichkeiten oder Zeitgenossen. Hier ein paar Ergebnisse der Auseinandersetzung mit meinen Lieblingen.

Aquarell nach W. Turner, „Blick nach Osten von der Giudecca: früh am Morgen (?)“, 1819, Wasserfarbe
Aquarell nach W. Turner, „Der St. Gotthardpass“, 1804, Aquarell mit Auskratzungen

William Turner malte auf seinen Reisen Aquarelle, die eine faszinierende Farb- und Lichtwirkung entfalten und durch die freie Wiedergabe von Natur und Atmosphären beeindrucken, insbesondere in seinem Spätwerk. Eine Analyse lohnt sich. So plausibel und erhaben die Bildwelt erscheint, so sind sie doch mit geradezu unnatürlich reduzierten Mitteln gemalt. Wir schätzen das heute, viele Zeitgenossen waren irritiert.

Aquarell nach Caspar David Friedrich, Der Mönch am Meer, 1808-1810, Öl auf Leinwand

Caspar David Friedrich malte stimmungsvolle Landschaften als Ausdruck von Befindlichkeiten und Sehnsüchten der menschlichen Seele. Er war ein religiöser Mensch. So steht beispielsweise in dem Bild „Der Mönch am Meer, 1808-1810“ ein einzelner Mensch klein am unteren Bildrand am Strand eines weiten Meeres und über allem erhebt sich ein gigantischer, dramatisch aus dem Dunkel leuchtender Himmel. Bild der menschlichen Einsamkeit und Kleinheit, umgeben von Höherem, Unbegrenztem und Unendlichem.

Aquarell nach Gerhard Richter, „Ruhrtalbrücke“, 1969, Öl auf Leinwand

Gerhart Richter malt wunderschöne Himmel und Landschaften. Im Gegensatz zu Caspar David Friedrichs Bildern sind sie menschenleer. Richter rekurriert nicht auf den „ideologischen“, geistigen, auch geistlichen Hintergrund eines Caspar David Friedrich. Weil seine Bilder zwar an Caspar David Friedrich erinnern, ohne aber deren Sinn mitliefern zu können, nennt Richter seine romantisierenden Bilder selbst „Kuckuckseier“ (Vergleiche dazu den Aufsatz von Hubertus Butin, Gerhart Richters Landschaftsbilder in Gerhart Richter, Landschaft, Hatje Cantz Verlag Berlin 2020.)

In der Gegenüberstellung beider Künstler wird die inhaltliche Aussage bzw. Nicht-Aussage besonders gut greifbar.

Darüber hinaus – und nebenbei gesagt – lassen sich Richters in Öl gemalte Landschaftsbilder zum Teil ganz gut ins Aquarell übersetzen. Ich empfinde Richters Landschaftsbilder als einen Prozess mit „gestaffelten Schwierigkeiten“, systematisch, wie Richter eben so ist.

Interessant ist Richter auch hinsichtlich der Beziehung zwischen fotografischer Seherfahrung und gemalter.

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